Beschreibung
Hunter under Saddle
Bei AQHA-, APHA- und ApHC-Shows werden auch in Europa immer mehr Englisch-Reitklassen angeboten. Während in den USA diese Klassen sehr beliebt sind, werden in Italien und Deutschland vor allem die Klassen Hunter under Saddle und Hunt Seat Equitation vermehrt angeboten und von den Reitern - wie anhand von Starterlisten leicht erkennbar - sehr gerne angenommen. Auch bei der EM oder für das Erreichen von All-Around-Titeln wird es immer wichtiger, auch in diesen Klassen zu showen.
Wer einmal die AQHA-Videokassetten über diese Klassen gesehen hat, wird bald den eigentlichen Sinn dieser Klassen verstehen. Diese Klassen sind nicht frei erfunden von findigen Leuten, sondern entwickelten sich aus der Jagdreiterei. Das Mutterland dafür war natürlich England - darum auch die Bezeichnung Hunter under Saddle. Diese "Gebrauchsreiterei" war die Grundlage für diese Klassen, so wie eben die "Arbeitsreitweise der Cowboys" die Grundlage für die Westerndisziplinen bildeten. (Die Art, ein Weidetor auf einer Kuhweide zu öffnen, findet heute die entsprechende Beurteilung im Trail: Öffnet man es so, dass imaginäre Rinder durchschlüpfen können, verschlechtert man damit die Beurteilung; Stops sind bei der Rinderarbeit auch wichtig - der daraus entwickelte Sliding Stop wurde aber zu einer Kunstfigur ausgebaut. Aber die Grundideen aller dieser Disziplinen stammen aus einer Arbeitsreitweise.)
Die Grundidee der Hunter under Saddle-Klassen ist eigentlich die Basis für das spätere Springen: Es wird ein korrekter Sitz benötigt. (Der Reiter muss ausbalanciert sitzen können - sonst wird er auch nicht springen können. Oder auf den Punkt gebracht: Mit dem richtigen Pferd wird er wohl auch springen können. - Doch wie sieht das aus bzw. welche Rücken- und Beinprobleme wird das Pferd davontragen?)
Alle Englischklassen sind im Prinzip Stilklassen. Auch in den Westernreitklassen Horsemanship, Western Riding, Trail, Showmanship at Halter, wohl auch in der Pleasure geht es um Stil. Ein guter Sitz und korrekte Hilfen sind notwendig für den Sieg oder für gute Platzierungen. Es gibt somit viel mehr Verbindendes als Trennendes in beiden Reitweisen.
Die ideale Grundausbildung für Pferd und Reiter führt von Hunter under Saddle, Hunt Seat Equitation (ähnlich der Western Horsemanship) zu Hunter Hack (Stilspringprüfung mit zwei kleineren Hindernissen) und Working Hunter (Stilspringprüfung mit mindestens vier Hindernissen). In den AQHA-Videos sieht man Pferde, die in diesem Stil über feste Hindernisse in freier Natur in ruhiger Manier - ohne Hilfszügel - nur auf Trense springen. Was faszinierend daran ist, es gibt weder eine Tempoänderung, noch ein vermehrtes, schwungvolleres Anreiten an den Sprung. Auch nach dem Sprung gehen die Pferde genauso ruhig weiter, werden nicht heiß und lassen sich auch in der Gruppe genauso reiten. Einfach traumhaft! Nur wenn Ausbildung und Sitz stimmen, kann so etwas das Endprodukt sein. Es unterscheidet sich dadurch auch von sonstigen Springprüfungen, die auf Zeit geritten werden.
Welche Pferde eignen sich für Englischklassen?
Grundsätzlich gehen in den USA viele Pleasure- und Trailpferde auch Hunter under Saddle-Klassen. Manche Blutlinien sind besonders dafür geeignet. Das Zauberwort heißt Raumgriff. Nur Pferde, die von ihrer Schulter her geeignet sind, werden fähig sein, raumgreifend zu gehen (vor allem im Trab). Pferde mit mehr Masse tun sich oft auch schwerer als die schlankeren Typen.
Die Grundidee, die dahinter steckt: Für das Jagdreiten braucht man ein Pferd, das mit viel Raumgriff vorwärtsgeht (im Trab, aber auch im Galopp). Es soll "ground covering" gehen, also auch mit seinen Schritten möglichst viel Boden bewältigen. Ein Western Pleasure-Pferd wird mit seinem Tempo im Trab kaum vorwärtskommen, es steht am Anfang der Skala, der Trab des Hunter under Saddle-Pferdes am anderen Ende. Risiken gibt es bei beiden Tempi: beim Western Pleasure-Pferd, da es keinen 2-Takt mehr geht oder in den Schritt zurückfällt, beim Hunter under Saddle-Pferd, da es in den Galopp einspringt.
Das Risiko wählt, wie immer, der Reiter. Aber man muss in beiden Disziplinen genau die Grenzen seines Pferdes erkennen und unter diesen Bedingungen die Fähigkeiten seines Pferdes präsentieren und ausspielen.
Die Gänge eines Hunter under Saddle-Pferdes:
Sie sollen flach und, wie schon erwähnt, raumgreifend sein. Übertriebene Eile wird bestraft, ebenso kurze, schnelle Tritte. (Das sind die weniger gut geeigneten Pferde, deren Schulter keinen Raumgriff zulässt).
Im Schritt (walk) soll ein klarer Viertakt gezeigt werden. Es soll auch hier ein wenig vorwärts geritten werden. Zu langsamer Schritt, womöglich noch mit abgehackten Bewegungen, ist unerwünscht.
Der Trab (trot) soll raumgreifend sein, hier wird immer leichtgetrabt. (Es wird ausgesessen, wenn der innere Hinterfuß auffußt, und aufgestanden, wenn das äußere Vorderbein vorgeht.) Es ist wichtig, am "richtigen Fuß" zu reiten bzw. aufzustehen! Das heißt aber nicht, dass man mit dem ersten Trabschritt sofort aufstehen muss. Zwei bis drei Schritte das Pferd vorwärts zu treiben und danach am richtigen Fuß aufzustehen, wäre ideal. Der Reiter sollte aber spüren, wann er aufstehen muss und nicht die äußere Schulter minutenlang mit seinen Augen fixieren.
Der Galopp (canter) wird ausgesessen und ist ruhig zu reiten mit einem klaren Drei-Takt, während der Handgalopp (verstärkter Galopp) wieder raumgreifend geritten wird und im leichten Sitz.
Im Trab und Handgalopp soll das Pferd immer nur in Anlehnung gehen und nicht davonstürmen oder sich auf das Gebiss legen. Handwechsel kann nur im walk und trot verlangt werden und ist wie bei Western Pleasure ein "umkehrt wechseln". Ebenfalls soll das Pferd im Schritt nicht durchpariert werden zum Halten und anschließend 180 Grad auf der Hinterhand gewendet werden, sondern mit derselben Schrittlänge im walk weitergehen!
Ausrüstung:
Leider kann man nicht die weißen Turnierhosen anziehen, die man selbst einmal bei klassischen Turnieren getragen hat. Nachdem die englischen Klassen ihren Ursprung in der Jagdreiterei haben, sind auch andere Farben gefragt. (Traditionelle Farben sind grau, blau, dunkelgrün, braun und schwarz.) Als Farben für die Reithosen eignen sich khaki, hellgelb, hellgrau, rostrot und lederfarben. Auch die schwarzen Jackets von den klassischen Turnieren sind nicht erwünscht: Besonders gefragt sind grau, blau, braun und dunkelgrün. In Europa ist es aber durchaus noch üblich, schwarze Reitjacken zu tragen. (Tipp für das schwarze Sakko: Wenigstens die Silber-, Messingknöpfe abtrennen und durch schwarze Knöpfe ersetzen.) Allerdings ist ein schwarzes Reitjacket absolut regelkonform! Ein blaues Reitjacket harmoniert vielleicht besser mit einer blauen Reitkappe als mit einer schwarzen, auch braune sind erlaubt. Richtige Reitjackets holt man sich am besten aus den USA. Die haben die richtigen Farben und die richtigen Knöpfe. Hemd/Bluse mit Kragen und Krawatte/Plastron und dunkle Handschuhe runden das Bild ab. Dazu gehören schwarze oder braune Langschaftstiefel oder Jodhpurstiefeletten. Sporen ohne Rad (keine Westernsporen) sind erlaubt.
Sattel: Es ist kein Dressursattel erwünscht, dafür aber ein brauner oder schwarzer Vielseitigkeits-/Springssattel. Die Sattelunterlagen sollen weiße, abgerundete Felldecken sein. (In den USA erhältlich und besonders zu empfehlen: weiße Decken mit außen Fellbesatz und innen Baumwolle/Leinen. - Das wäre die Topausrüstung!)
Zaumzeug: Hier gibt es die größten Probleme! Es soll ein Englisches Reithalfter haben, aber dieses darf nicht unterlegt sein. (Oft aufgepolstert durch weißes Leder oder auch doppelt so dick wie die restlichen Bestandteile des Zaumzeuges.) Dieser Teil soll genauso dick sein wie z.B. der Kehlriemen. Wenn man nun das Glück hat und in Euopa so ein Zaumzeug findet, ist meistens auch ein Sperr-Riemen dabei (Riemen, der unterhalb der Trense das Kinn umschließt). Achtung: Unbedingt wegschneiden, da er nicht erlaubt ist! Auch das Stirnband darf nicht unterlegt sein. Viele bevorzugen geflochtene Zügel.
Vorderzeug: Nur spezielle sind erlaubt! Siehe Fotos!
Gebisse: Am besten Wassertrense, D-Ringtrense oder Kimberwick verwenden. Ein Pelham wird mit zwei Zügeln in jeder Hand geritten. Allerdings sind hier auch Gebisse erlaubt, die in Westernreitklassen verboten wären!
Hilfszügel wie Martingal sind nicht erlaubt!
Schoner sind in Hunter under Saddle nicht erlaubt!
Der Sitz ist ungemein wichtig: Die Bügel sind kürzer, man soll mit ihnen auch springen können. Die Ferse ist der tiefste Punkt, die Fußspitzen sollen nicht nach außen gedreht werden. Auch der Oberkörper ist immer, wie beim Springen üblich, etwas nach vorne geneigt. Die Fäuste sind aufgestellt und stehen näher beisammen als es beim Westernreiten sonst üblich ist. Man reitet mit leichtem Kontakt, lässt aber dem Pferd genug Möglichkeit, seinen Hals flach (ohne Dressuraufrichtung) zu tragen, die Ohren auf Höhe des Widerristes und die Nase kurz vor der Senkrechten (ähnlich wie in der Western Pleasure).
Weitere Tipps: So wie die Mähne des Hunter under Saddle englisch eingeflochten werden sollte (hat das Pferd aber eine lange Mähne nicht abschneiden - es gibt auch Notlösungen), sollten bei weiblichen Teilnehmern lange Haare geflochten werden oder ein Haarnetz getragen werden.